62. Folge – 19.06.2021
Rye Curtis, Cloris (2020
Liebe Mitglieder, liebe Freundinnen und Freunde des KULTURKREISES SPRINGE,
Cloris ist 72 Jahre alt, Texanerin und seit ein paar Tagen Witwe. Ihr Mann starb bei einem Absturz einer Cessna in den Bitterrot Mountains, einem Gebirgszug im Nirgendwo zwischen Idaho und Montana, ebenso der Pilot. Letzterer murmelte im Todeskampf permanent Zeilen aus dem Lied „Time after Time“ von Cyndi Lauper – der Roman spielt im Jahr 1986. Cloris überlebte als einzige den Crash. Der Song wird zum Leitmotiv.
Rye Curtis erzählt Cloris‘ monatelanges Martyrium aus der Ich-Perspektive der bibel-treuen Frau, die zunächst nicht aus der Wildnis herausfindet und irgendwann gar nicht mehr weiß, ob sie in die Zivilisation zurück möchte.
Die andere Hauptfigur ist die Parkrangerin Debra Lewis, die in einer zweiten parallelen Erzählebene auf der Suche nach Cloris ist, zusammen mit ihrem Team, das aus einer Reihe skurriler Figuren in verschiedenen Stadien der körperlichen und seeli-schen Versehrtheit besteht – wie sie selbst.
Die oberflächliche Komik des Romans leitet sich aus tiefer Tragik ab, philosophische Weltbetrachtung und Nature Writing ergänzen sich famos zu einem Gemisch aus Abenteuergeschichte und Seelenerkundung.
Ich garantiere Ihnen ein unvergessliches Lesevergnügen und danke Markus Münte-fering für die geistreiche Rezension im Spiegel vom 16.7.2020, die ich hier in Auszü-gen wiedergegeben habe.
Einen schönen Sommer wünscht Ihnen
Karin Müller-Rothe