Das Radwegekonzept der Stadt Springe wird derzeit viel diskutiert. Teilweise wird dabei von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Wir versuchen hier, etwas Licht ins Dunkel zu bringen und wer tiefer einsteigen möchte, findet auch alle Materialien zum Download. Danke für Ihr Interesse!
Bereits seit 2014 beschäftigen sich Polizei, Stadtverwaltung und der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e. V. (ADFC) mit der gemeinsamen Erarbeitung und Umsetzung eines Radwegekonzeptes für Springe. Grundlage ist die Tatsache, dass das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur in der Straßenverkehrsordnung (StVO) bereits seit dem 1. September 1997 das Radfahren auf der Fahrbahn innerorts als Regelfall vorsieht. Nur ausnahmsweise lässt die StVO zu, Radwege mit dem blauen Radwegeschild als benutzungspflichtig zu kennzeichnen.
Das Ziel der Gesetzesnovelle war und ist, die Eigenverantwortung der Verkehrsteilnehmer zu stärken. Langjährige Unfalluntersuchungen haben ergeben, dass Radfahrer, die sich auf der Fahrbahn befinden, aufgrund des unerlässlichen Sichtkontakts besser wahrgenommen werden und auch ihrerseits den Kfz-Verkehr besser wahrnehmen. Die Aufhebung der Trennung der Verkehrsarten hin zum Mischprinzip führte nachweislich zu einer Reduzierung der Unfallhäufigkeit.
Radwege sind oft zu schmal und zudem oft in einem schlechten Zustand. Einige Radfahrer wollen als gleichwertige Verkehrsteilnehmer behandelt und nicht in Ihren Rechten eingeschränkt werden.
Für Kinder gelten besondere Regeln: Kinder bis zum vollendeten 8-ten Lebensjahr müssen den Gehweg benutzen; Kinder bis zum vollendeten 10-ten Lebensjahr dürfen. Gleiches gilt für begleitende Erwachsene. Allerdings mit Schrittgeschwindigkeit . An Kreuzungen und Einmündungen müssen sie absteigen und das Fahrrad herüberschieben.
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat die StVO-Novelle aufgrund dieser Erkenntnisse bereits vor über 5 Jahren eindeutig bestätigt: Radweg-Benutzungspflicht nur bei qualifizierter Gefahrenlage zulässig (BVerwG 3 C 42.).
Eine Radwegebenutzungspflicht darf nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Rechtsgutbeeinträchtigung erheblich übersteigt (§ 45 Abs. 9 Satz 2 StVO).
Für Springe bedeutet das auf fast allen Straßen: Es gibt keine Radwegebenutzungspflicht mehr. Die Kriterien aus der Rechtsprechung sind folgende:
Keine Radwegebenutzungspflicht gilt:
- auf Straßen mit zulässiger Höchstgeschwindigkeit <= 30 km/h,
- auf Radwegen mit Minderbreiten (<= 2,00m),
- auf Straßen mit einem Verkehrsaufkommen < 5000 Kfz/24h (das betrifft alle Straßen in Springe mit Ausnahme der Straße Osttangente zwischen dem Kreisverkehr und der Abzweigung zum Einkaufszentrum),
- bei schlechtem Bauzustand des Radweges,
- bei schlechtem/fehlendem Anschluss/Übergang an Kreuzungen und Einmündungen.
Ziele des Springer Radewegekonzepts sind:
- Störungsfreies Fahren ermöglichen
- Zusammenhängende Routenführung
- Übersichtliche Führung in Kreuzungen und Einmündungen
- Beseitigung von Eng-/Störstellen
Dennoch soll an möglichst vielen Stellen in Springe den Radfahrern die Nutzung der Gehwege durch die Kennzeichnung „Radfahrer frei“ ermöglicht werden, um den Bürgern die Wahl zu lassen. Allerdings dürfen auf Gehwegen mit dem Zusatz „Radfahrer frei“ alle Radfahrer nur Schritttempo fahren ! (StVO, Anlage 2 (zu § 41 Absatz 1), Zeichen 239 -Gehweg -).
Durch sogenannte Radfahrerschutzstreifen auf den Straßen soll den Radfahrern ein besonderer Schonraum geschaffen werden. Bei Bedarf dürfen diese Streifen von PKW überfahren werden.
Die politische Beratung des von Polizei, Stadtverwaltung und ADFC erarbeiteten Konzeptes seit April 2015 lässt sich wie folgt skizzieren:
Der detaillierte Plan zur Umsetzung des Radwegkonzeptes im Stadtteil Springe wurde am 29.04.2015 dem Ortsrat Springe vorgestellt, aber dort nicht abschließend beraten.
Im Juni 2015 empfahl der Technische Ausschuss dem Verwaltungsausschuss, die Entscheidung über die freiwilligen Maßnahmen nach Beratung im Ortsrat und den Fraktionen durch den Verwaltungsausschuss zu treffen.
Ebenfalls im Juni 2015 empfahl der Ortsrat Springe dem Verwaltungsausschuss, zu beschließen, dass die Verwaltung das Radwegekonzept für den Stadtteil Springe im rechtlich notwendigen Umfang umsetzen solle und dass die Verwaltung die wichtigen funktionalen Grundzüge schnellstmöglich im Umfang der aktuell zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel umsetzen solle und spätestens 2016 abzuschließen habe. Dies wurde im Juni 2015 vom Verwaltungsausschuss bestätigt.
Im November 2015 schlug die Stadtverwaltung dementsprechend eine Änderung für die Radfahrerführung in der Burgstraße vor. Der Ortsrat ist sich einig, dass er sich hierzu noch weiter beraten will und der Punkt dann als gesonderte Tagesordnung in der nächsten Sitzung beraten werden soll.
Nachdem Anfang Juni 2016 eine Rundfahrt der Radwegkommission des Ortsrats stattgefunden hat, wird im Ortsrat Springe der Tagesordnungspunkt Radwegekonzept auf die nächste Ortsratssitzung verschoben.
Das Radwegekonzept ist erst in kleinen Teilen umgesetzt. Weitere Maßnahmen bedürfen der Zustimmung der Politik. Würde nur der gesetzlich notwendige Teil durchgeführt werden, müssten sämtliche Schilder „Radfahrer frei“ entfernt werden. Springe hat keine Straße, an der ein Radweg zwingend vorgeschrieben ist.
Das Konzept betrachtet nur die Kernstadt Springe und damit nur innerörtliche Straßen in der kommunalen Zuständigkeit. Außerörtliche Radwege an Bundes-, Landes- und Kreisstraßen liegen in der Zuständigkeit von Bund, Land bzw. Region. Die Radfahrerführung an solchen außerörtlichen Straßen sollte auch nach der Gesetzesnovelle grundsätzlich neben der Straße erfolgen.
Hinzuweisen ist auch auf die zunehmend heterogene Struktur der Radfahrer. Vom gemütlichen Fahrer bis zum Nutzer von elektrisch unterstützten E-Bikes mit Geschwindigkeiten von bis zu 45km/h werden wir zukünftig einer größeren Vielfalt im Straßenverkehr begegnen. Die Ansprüche der Radfahrer haben sich geändert und werden es zukünftig auch tun. Radfahrer sind mehr und mehr als vollwertige Verkehrsteilnehmer zu behandeln, die auch als solche wahrgenommen werden müssen, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten.
Folgende Gesetze sind die Grundlagen des Konzepts:
- Straßenverkehrsordnung (StVO) mit der Fahrradnovelle aus 1997 sowie der Neufassung 2013 mit dem Ziel der Reduzierung der benutzungspflichtigen Radwege
- Verwaltungsvorschriften zur StVO
- Empfehlung für Radverkehrsanlagen (ERA) in der Neufassung aus 2010
- Empfehlung für Fußgängerverkehrsanlagen (EFA 2002)
- Aktuelle technische Regelwerke (RASt 06, RAL 2012)